Schritt 4. Schlussfolgerungen ziehen

Auf Grundlage der erhobenen Daten, der ermittelten geschlechtsspezifischen Ungleichheiten und der zugrunde liegenden Ursachen sowie der Konsultationen der Interessengruppen ist es möglich, evidenzbasierte Schlussfolgerungen für wirkungsvolle Programme und Vorhaben zu ziehen. Dies ist wichtig, um die geschlechtsspezifischen Ungleichheiten und Bedürfnisse mit den nationalen und subnationalen Gleichstellungsstrategien und Zielen zu verknüpfen. Wichtige Fragen sind hierbei:

  • Welche Konsequenzen hat die Intervention für die Zielgruppe, den Arbeitsmarkt oder das Vorhaben?
  • Wie können sich geschlechtsspezifische Unterschiede auf das Erreichen der Ziele der EU-Fonds im Rahmen der Intervention auswirken?

Um Schlussfolgerungen ziehen zu können, ist es ebenfalls wichtig, die lokale Expertise von nationalen/lokalen Gleichstellungsexpertinnen und -experten, Organisationen der Zivilgesellschaft, insbesondere Frauenorganisationen einzubeziehen und die Informationen durch die Nutzung der nationalen  Forschungsergebnisse zu triangulieren.

Es sind Überlegungen anzustellen, inwieweit sich die Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern beim Zugang zu Ressourcen (Arbeit, Geld, Macht, Gesundheit, Wohlbefinden, Sicherheit, Wissen und Bildung, Mobilität, Zeit usw.) und ihrer Wahrnehmung der (bürgerlichen, sozialen und politischen) Grundrechte aufgrund der Männern und Frauen zugeschriebenen Geschlechterrollen auf die Intervention auswirken. Wichtige Fragen hierzu sind:

  • Verändert sich die Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern infolge der vorgeschlagenen Intervention? Sofern dies der Fall ist, welche Änderungen resultieren daraus? Werden die geschlechtsspezifischen Unterschiede verringert? Erhöht sich dadurch der Anteil der Männer an unbezahlter Betreuungsarbeit?
  • Verändert sich der Anteil der Frauen in Entscheidungsgremien als Folge der vorgeschlagenen Intervention? Sofern dies der Fall ist, welche Änderungen sind die Folge?
  • Verändert sich die ungleiche Einkommensverteilung zwischen Frauen und Männern? Sofern dies der Fall ist, welche Änderungen sind die Folge?
  • Erhöht sich der Anteil der Vollzeitbeschäftigung der Frauen? Sofern dies der Fall ist, welche Änderungen sind die Folge?
  • Verringert sich die geschlechtsspezifische Segregation auf dem Arbeitsmarkt? Sofern dies der Fall ist, welche Änderungen sind die Folge?
  • Verringern sich die Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern beim Zugang zu den Ressourcen? Wenn ja, inwiefern?

 Schweden: Integration der Geschlechterperspektive in die nationale Programmplanung

Beim schwedischen ESF wird auf Ebene der nationalen Politik eine Checkliste eingesetzt, um den Bedarf im Hinblick auf die Geschlechtergleichstellung zu ermitteln. Aufgrund dieser Analyse wird der ESF sehr wirksam für die unterschiedlichen Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft eingesetzt, da die Situation und die Bedürfnisse von Frauen und Männern anhand der Checkliste aufgezeigt werden. Dies ist bei der Vorbereitung von Partnerschaftsvereinbarungen und operationellen
Programmen wesentlich, damit diese das Wohlbefinden von Frauen und Männern verbessern. Für jeden vorrangigen Bereich (z. B. Transport, Unternehmertum, Jugendarbeitslosigkeit) ist die Situation von Frauen und Männern unter Verwendung von nach Geschlecht aufgeschlüsselten Daten und einer gleichstellungsorientierten statistischen Analyse zu beschreiben. Sobald im Rahmen dieser Analyse die unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Bedürfnisse von Frauen und Männern ermittelt sind, werden Indikatoren entwickelt, um zu untersuchen, wie sich ihre Situation während der Umsetzung des Programms verändert. So wurden beispielsweise Unterschiede zwischen Frauen und Männern in folgenden Bereichen ermittelt:

  • Reisezeit,
  • Arbeitszeit,
  • Niveau des Unternehmertums und
  • Muster im Bereich Arbeitslosigkeit, Gesundheit oder Bildung.

Die Ursachen und Folgen dieser Unterschiede werden im Rahmen des schwedischen ESF untersucht. Organisationen aus den Bereichen Geschlechtergleichstellung und Frauenrechte sowie Expertinnen und Experten für Gleichstellung und Menschenrechte werden als wichtige Partner in die Analyse einbezogen. Es werden eine sozioökonomische Analyse sowie eine SWOT-Analyse durchgeführt, bei denen die Lebenswirklichkeit von Frauen und Männern in ihrer Vielfalt untersucht wird. Auf Grundlage dieser Analyse werden die Ziele für die Geschlechtergleichstellung in der Partnerschaftsvereinbarung und im operationellen Programm formuliert.

Die Erfahrungen in Schweden haben zudem gezeigt, dass es nicht ausreicht, lediglich die Zahl der Frauen und Männer zu erfassen. Das Geschlecht ist mit anderen soziodemografischen Indikatoren wie Alter, Standort, Bildungsniveau, sozioökonomische Situation, ethnische Zugehörigkeit und anderen Merkmalen zu kombinieren, um die Überschneidungen der unterschiedlichen Ungleichheiten besser zu verstehen und das Leben derjenigen zu verbessern, die den größten Bedarf aufweisen.

Die schwedische Checkliste für den ESF auf Ebene der nationalen Politik dient:

  • der Ermittlung geschlechtsspezifischer Unterschiede und der zugrunde liegenden Ursachen,
  • der Beschreibung geschlechtsspezifischer Aspekte in den unterschiedlichen Interventionsbereichen, Strukturen und Verfahren wie Haushaltsfragen und Entscheidungsprozessen,
  • der Integration der Geschlechtergleichstellung in allen Phasen der Analyse und nicht nur in einem separaten Bereich,
  • der Gewährleistung, dass bei der vorbereitenden sozioökonomischen Analyse die Unterschiede zwischen Frauen und Männern in allen Lebensbereichen untersucht werden,
  • der Berücksichtigung der wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen von Frauen und Männern (z. B. die geschlechtsspezifischen Folgen der Wirtschaftskrise, deren Einfluss auf den Zugang zu Ressourcen, die Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit usw.).
  • der Untersuchung, in welchem Umfang die Gleichstellungsziele der EU und die nationalen Ziele erreicht wurden, und der verbleibenden Hindernisse für die vollständige Umsetzung,
  • der Festlegung spezifischer Ziele, um die in der sozioökonomischen Analyse ermittelten Ungleichheiten zu beseitigen,
  • der Gewährleistung, dass bei allen Zielen die Dimension der Geschlechtergleichstellung berücksichtigt wird, durch folgende Fragen:
    1. Welche Dimensionen der Geschlechtergleichstellung sind zu berücksichtigen? (Ziele können unwirksam oder kontraproduktiv sein, wenn sie geschlechtsneutral sind.)
    2. Werden die Ungleichheiten durch die Ziele verstärkt? Konzentrieren sich beispielsweise die Bemühungen um die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben nur auf Frauen, werden dadurch Stereotypen verstärkt und die Geschlechterrollen verfestigt?
  • der Verfügbarkeit messbarer Gleichstellungsindikatoren zur Überprüfung der Entwicklung im Hinblick auf die Ziele,
  • der Einbeziehung von Partnerinnen und Partnern, die für die Förderung der Geschlechtergleichstellung und Nichtdiskriminierung verantwortlich sind, sowie von Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich der Geschlechtergleichstellung widmen,
  • der Einbeziehung von Akteuren, die für die Förderung der Geschlechtergleichstellung und Nichtdiskriminierung verantwortlich sind, sowie von Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich der Geschlechtergleichstellung widmen, in den Überwachungsausschuss,
  • der Gewährleistung, dass ein Entwicklungsplan für Kompetenzen im Bereich Geschlechtergleichstellung für Führungskräfte und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besteht,
  • der Einrichtung einer Unterstützungsstruktur für die Umsetzung des bereichsübergreifenden Gleichstellungsprinzips,
  • der Einbeziehung von Informationen über spezielle Bemühungen zur Förderung der Geschlechtergleichstellung und Gender-Mainstreaming in den Jahresberichten oder anderen Berichten und Bewertungen,
  • der Forderung nach Kompetenzen im Bereich der Geschlechtergleichstellung in den Beschaffungsverfahren für Ex-ante-Evaluierungen, laufenden Evaluierungen und Ex-post- Evaluierungen.

Weitere Informationen zum schwedischen ESF finden Sie hier