Fiktive Fallstudie 2: Vereinbarkeit von Schichtarbeit und Kinderbetreuung

Schritt 1: Verständnis der Dynamik

Agneta ist 23 Jahre alt und hat drei Kinder unter fünf Jahren. Sie ist in einem Geschäft vor Ort teilzeitbeschäftigt, ihr Mann arbeitet in einer örtlichen Fab- rik im Schichtdienst. Die Familie lebt in einem kleinen Dorf und hat ein monat- liches Einkommen von 1300 EUR. Sie haben keinen Zugang zu öffentlich  finanzierter Kinderbetreuung für alle ihre Kinder. Derzeit gibt es nur für das älteste Kind teilweise ein Betreuungsangebot. Manchmal ändert sich die Arbeitszeit von Agneta und die Familie muss sich auf Freunde verlassen, wenn sie und ihr Mann arbeiten. Ihre Eltern leben eine Autostunde entfernt und der öffentliche Verkehr in ihr Dorf ist sehr eingeschränkt.

Die Einholung von Daten über die Zahl der Menschen, die unter derart pre- kären Umständen mit geringem Einkommen und unsicheren Beschäftigungs- bedingungen leben, ist nicht immer einfach. Hilfreich können Instrumente wie der EIGE-Gleichstellungsindex sowie lokale Quellen zu Arbeitsmarktdaten, Statistiken zu Wohnraum und Kindergeld, die Verfügbarkeit von öffentlichem Verkehr, das Zeitbudget sowie Daten zur Nutzung der Infrastruktur/des öf- fentlichen Raums sein.

Die Daten zum EU-Durchschnitt sind nicht immer umfassend, es können je- doch einige Daten ermittelt werden, die Vergleiche zwischen Ländern und Regionen gestatten. Dadurch kann eine Aufschlüsselung und Schätzung der lokalen Bedürfnisse im Hinblick auf lokale Dienstleistungen, vorhandene öffentliche Dienste und soziale Sicherheit vorgenommen werden. Ein Beispiel aus dem ländlichen Raum in Deutschland: Bei den operationellen Plänen von Mecklenburg-Vorpommern wurden der Transport, die lokale Beschäftigung, Industriebranchen, der lokale Verkehr und die örtliche Bereitstellung von Dienstleistungen einbezogen. Dort wurden bei den Interventionen des ESF+ die Unterstützung von Schichtarbeiterinnen –arbeitern und anderen Familien mit komplexen täglichen Belastungen im Hinblick auf Zeit, Kinderbetreuung und anderen Pflegebedarf als Hauptprioritäten ermittelt.

Schritt 2: Ermittlung geschlechterdifferenzierter Maßnahmen und Reaktionen

Welche der ESF+ und EFRE-finanzierten Maßnahmen unter den zahlreichen möglichen Interventionen im Rahmen des ESF+ und/oder EFRE zur Verein- barkeit von Beruf und Privatleben würde die Situation dieser Familie verbes- sern – sie beim Zugang zu Kinderbetreuung unterstützen und besser bezahlte Arbeitsplätze mit einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Schicht- arbeit und lokalem Transportangebot sichern?

Schritt 3: Maßnahmen

  • Infrastruktur für die frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung
  • Bildungsinfrastruktur (berufliche Aus- und Weiterbildung sowie Erwachse- nenbildung)
  • Maßnahmen zur Verbesserung des Zugangs zum Arbeitsmarkt
  • Maßnahmen zur Förderung der Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt und zur Verringerung der geschlechtsspezifischen Segregation auf dem Arbeits- markt
  • Förderung der sozialen Integration von Menschen, die von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind, einschließlich der am stärksten Be- nachteiligten und Kinder
  • Prüfung von Investitionen in den Bau von Kinderbetreuungs- und anderen sozialen Pflegeeinrichtungen sowie in den Ausbau der Personalkapazitäten im Betreuungsbereich unter dem politischen Ziel 4