Checkliste für die Kriterien zur Auswahl der Vorhaben

Bei der Bewertung der Vorschläge für Vorhaben können die Verwaltungsbehörden und Überwachungsausschüsse anhand des folgenden Fragenkatalogs Auswahlkriterien erarbeiten und anwenden:

Schritt 1: Analyse

  • Enthält der Vorschlag eine geschlechtsspezifische Analyse des Interventionsbereichs (d. h. eine Analyse der Unterschiede bei der Situation und den Bedürfnissen von Frauen und Männern in ihrer Vielfalt und die Darstellung der relevanten Ungleichheiten)?
  • Werden quantitative und qualitative, nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten für die Beschreibung der geschlechtsspezifischen Unterschiede und Muster eingesetzt?
  • Nimmt die Analyse Bezug auf fondsspezifische Ziele und/oder nationale und/oder subnationale Ziele der Geschlechtergleichstellung?

Schritt 2: Ziele und Indikatoren

  • Werden spezifische Gleichstellungsziele für das Vorhaben festgelegt (d. h. Ziele, die für Frauen und Männer zu erreichen sind, um die Geschlechtergleichstellung zu verbessern)?
  • Wird in dem Vorschlag dargelegt, welchen Beitrag das Vorhaben zu den übergeordneten Zielen der Geschlechtergleichstellung leisten soll?
  • Wird in dem Vorschlag aufgezeigt, ob und wie die Ziele des Vorhabens von Frauen und Männern in ihrer Vielfalt erreicht werden?
  • Werden spezifische Indikatoren für die Geschlechtergleichstellung festgelegt, um die Überwachung der Ziele der Geschlechtergleichstellung zu erleichtern?
  • Werden allgemeine personenbezogene Indikatoren nach Geschlecht verlangt, um zu überwachen, ob Frauen und Männer durch das Vorhaben erreicht werden?

Als Leitlinie dienen die in Instrument 1 beschriebenen politischen Ziele der EU und Tabelle 3:

Politische Ziele Aspekte der Geschlechtergleichstellung
Gleiche wirtschaftliche Unabhängigkeit für Frauen und Männer
Gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit
  • Abbau des geschlechtsspezifischen Lohngefälles
  • Erhöhung der Beschäftigung (und Abbau der Segmentierung)
  • Unterstützung der Bildung von Frauen
  • Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, spezifische Indikatoren:
    1. Höherer Anteil der Zeit, den Männer mit betreuungsbezogenen Tätigkeiten verbringen
    2. Erhöhung der Beschäftigung von Frauen und Männern, einschließlich weiblicher Migranten, im formellen Pflegesektor
    3. Verbesserung des Zugangs von Frauen zu bezahlter Arbeit und Arbeitszeit
  • Beseitigung von Geschlechterstereotypen
  • Verringerung der geschlechtsspezifischen Segregation auf dem Arbeitsmarkt
  • Unterstützung flexibler Arbeitszeitregelungen und des familienspezifischen Urlaubs
  • Förderung von Frauen als Unternehmerinnen
  • Verbesserung der Zugänglichkeit und Qualität von Kinderbetreuungsdiensten
  • Unterstützung der sozialen Inklusion
  • Verbesserung der Zugänglichkeit und Qualität von Pflegeeinrichtungen für andere betreuungsbedürftige Personen

  • Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und Armut von Frauen
  • Unterstützung des Schutzes von Eltern und pflegenden Angehörigen
Gleichstellung in Entscheidungsprozessen
  • Verbesserung der Beteiligung von Frauen an Positionen und Prozessen der Entscheidungsfindung
Würde, Unversehrtheit und ein Ende der Gewalt gegen Frauen
  • Unterstützung der Prävention von und der Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt
  • Unterstützung der Männer und Jungen bei der Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen

Bei den Projektzielen wird eine umfassendere Perspektive berücksichtigt, nicht nur das Geschlecht, sondern auch weitere Merkmale. Beispielsweise ist es von Bedeutung, dass die Ziele eine weitere Aufschlüsselung innerhalb der groben Kategorien von „Frauen“ und „Männern“ enthalten, bei der zudem weitere soziodemografische Attribute wie Alter, sozioökonomischer Hintergrund, Armut, ethnische Zugehörigkeit, Standort (ländlich/städtisch), Behinderung, sexuelle Ausrichtung (lesbisch, schwul, bisexuell, Transgender und anderes), Religion usw. berücksichtigt werden. Zudem sollte allen thematischen Prioritäten idealerweise ein Ansatz zugrunde gelegt werden, der die „Intersektionalität“ (d. h. die sich überschneidenden Eigenschaften von Personen und den Einfluss dieser Interaktionen oder Überschneidungen auf die geschlechtsspezifischen Ungleichheiten) berücksichtigt.

Schritt 3: Maßnahmen und Umsetzung

  • Sind spezielle Maßnahmen vorgesehen, um die Ziele der Geschlechtergleichstellung im Rahmen des Vorhabens zu erreichen?
  • Gibt es einen Zusammenhang zwischen der im Rahmen des Vorhabens geplanten geschlechtsspezifischen Analyse und der Festlegung der Ziele der Geschlechtergleichstellung? Wird im Rahmen des Vorhabens dargelegt, wie dieser Zusammenhang bei der Entwicklung der (auf die Verringerung der vorhandenen Ungleichheiten abzielenden) Maßnahmen und der erwarteten Ergebnisse berücksichtigt wird?

Schritt 4. Geschlechtsspezifische Kompetenz

  • Besteht im Rahmen des Vorhabens ein Zugang zu interner geschlechtsspezifischer Kompetenz? Falls nicht, wird auf externe Gleichstellungsfachleute zurückgegriffen? Sind bei dem Vorhaben Finanzmittel für diese externen Expertinnen und Expertenvorgesehen?

  • Stellt die geschlechtsspezifische Kompetenz eine Anforderung an die Beschaffungsverfahren im Zusammenhang mit Weiterbildung und Evaluierung dar?

Schritt 5. Überwachung und Evaluierung

  • Wird in dem Vorschlag erläutert, wie Ziele/ Ergebnisse/Folgen der Geschlechtergleichstellung im Rahmen des Vorhabens überwacht und bewertet werden?

  • Sind die im Rahmen des Vorhabens zu treffenden Korrekturmaßnahmen, sofern die Ziele/ Ergebnisse/Folgen der Geschlechtergleichstellung nicht erfüllt werden, in dem Vorschlag beschrieben?

  • Wird in dem Vorschlag erläutert, wie Ziele/Ergebnisse/Folgen der Geschlechtergleichstellung im Rahmen des Vorhabens evaluiert werden?

Verwaltungsbehörden und Überwachungsausschüsse müssen schließlich prüfen, ob der Vorschlag für das Vorhaben diese Auswahl‑ kriterien erfüllt. Sofern dies nicht der Fall ist, könnten sie ergänzende Angaben anfordern und eine abschließende Bewertung vornehmen.

 Belgien: Bei der Anforderung an die Evaluierung des Vorhabens werden vor der Auswahl die möglichen Folgen für Frauen und Männer betrachtet

In Belgien sind bei allen operationellen Programmen die Lebenswirklichkeiten von Frauen und Männern zu berücksichtigen. In jeder Phase ist zu untersuchen, in welcher Weise das Programm die unterschiedlichen Situationen und Bedürfnisse von Frauen und Männern positiv und/oder negativ beeinflusst. Daher wird jeder Vorschlag für ein Vorhaben auf seine möglichen Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie auf den Einfluss auf die Geschlechtergleichstellung analysiert und evaluiert.

Auf der Ebene des operationellen Programms, auf Projektebene und bei Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen wird eine intersektionelle Analyse durchgeführt. Dabei werden die Lebenswirklichkeiten von Frauen und Männern sowie ihre sich überschneidenden Merk male wie Alter, sozioökonomischer Status, Behinderung, ethnische Zugehörigkeit, Religion und andere relevante Faktoren betrachtet. Es werden die Datenerhebung und -analyse zur Situation von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt, ihr Zugang zu Bildung und ihre Möglichkeiten, in unterschiedlichen Unternehmen und Sektoren zu arbeiten, berücksichtigt. Sofern möglich, werden bei der Analyse Daten mit anderen sozioökonomischen Dimensionen validiert. Junge Frauen beispielsweise können sich in unterschiedlichen Situationen befinden und andere Bedürfnisse haben als ältere Frauen.

In allen Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen muss erläutert werden, welchen Beitrag das Vorhaben zur Geschlechtergleichstellung leistet. Dies stellt ein wichtiges Kriterium für das Auswahlverfahren der Vorhaben dar. Zur Unterstützung der Antragstellerinnen und Antragsteller bei der Planung der Vorhaben werden Informationsveranstaltungen organisiert. Diese umfassen Informationen zur Gleichstellung von Frauen und Männern, zu Gesetzen und Strategien für die Gleichstellung und Methoden und Instrumente für das Gender-Mainstreaming. Weitere unterstützende Maßnahmen zur Sensibilisierung umfassen eine Online-Schulungsplattform zur Gleichstellung der Geschlechter. Ferner wurde ein praktischer Leitfaden zur Beurteilung und Einbeziehung von Gleichstellungsaspekten in die Vorhaben veröffentlicht. Dieser Leitfaden unterstützt die Antragstellerinnen und Antragsteller dabei, die Lebenswirklichkeiten von Frauen und Männern bei der Planung der Vorhaben zu berücksichtigen. Er ist auch eine Handreichung für die Überwachungsausschüsse bei der Überwachung der Beiträge des Vorhabens zur Geschlechtergleichstellung. Jedes Vorhaben wird anhand festgelegter Kriterien für die Geschlechtergleichstellung evaluiert. Während des gesamten Programmplanungszeitraums werden nach Geschlecht aufgeschlüsselte Indikatoren zur Messung der möglichen Fortschritte im Hinblick auf die Geschlechtergleichstellung eingesetzt.

 Finnland: Kriterien für die Auswahl von Vorhaben

In Finnland wurden für den Förderzeitraum 2014-2020 neue Fragen zur Geschlechtergleichstellung für die Antragsteller entwickelt. Die Antragsteller haben folgende Fragen zu beantworten:

Questions Ja Nein Erläuterung (muss ausgefüllt werden)
Bei dem Vorhaben wurde das operative Umfeld aus einer Geschlechterperspektive bewertet.      
Die Geschlechterperspektive wurde in dem Vorhaben durchgängig berücksichtigt.      
Wichtigste Grundlage des Vorhabens ist die Förderung der Geschlechtergleichstellung.      

Diese Fragen werden als Bewertungskriterien für die Finanzierungsentscheidungen herangezogen.